Was Manager wissen sollten, wenn die Kündigung im Raum steht
Österreichs Wirtschaft befindet sich seit zwei Jahren in einer Rezession. Unternehmen setzen daher verstärkt Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramme um, die Reduktion der Personalkosten ist dabei ein zentrales Thema. Im Mittelpunkt stehen die Kürzung von Bonuszahlungen, freiwillige Gehaltsverzichte und die Reduktion des Head Counts, etwa durch das Zusammenlegen von Abteilungen, um durch Effizienzsteigerungen die Anzahl der Mitarbeiter und Führungskräfte zu verringern.
Oft kündigen sich bevorstehende Veränderungen mehr durch Indizien als durch eine transparente Kommunikation an. Beispielsweise, wenn Manager von Informationen ausgeschlossen werden, die sie bisher erhalten haben, Vorgesetzte auf Emails nicht mehr reagieren, es schwierig wird, Termine mit der Geschäftsleitung zu bekommen oder ohne nachvollziehbaren Grund eine schlechte Leistungsbeurteilung erfolgt. In diesen Fällen kann sich ein Manager schon darauf einstellen, dass er demnächst zu einem Gespräch mit der Personalabteilung eingeladen wird und die Beendigung seines Dienstverhältnisses im Raum steht. Erfolgt die Einladung unter einem falschen Vorwand, wird in dem Gespräch nicht offen und ehrlich kommuniziert oder kommt es zu einer nicht erforderlichen Dienstfreistellung, ist der Keim für den nachfolgenden Konflikt gelegt. Verschärft wird der Konflikt, wenn die angebotene freiwillige Abfertigung unter marktüblichen Benchmarks liegt. Die Höhe einer üblichen, freiwilligen Abfertigung richtet sich nach dem Alter und der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit, wobei in internationalen Konzernen als Richtwert pro Jahr im Unternehmen ein Monatsgehalt bezahlt wird.
Für einen Manager ist es daher wesentlich, zu verstehen, welche Verhandlungsposition er hat. Dazu muss er wissen, ob ihm ein allgemeiner gesetzlicher Kündigungsschutz zukommt und ob die Kündigung erfolgreich wegen Sozialwidrigkeit angefochten werden könnte. Ein allgemeiner Kündigungsschutz besteht nur dann, wenn der Manager weder Vorstand, Geschäftsführer noch leitender Angestellter im Sinn des § 36 Arbeitsverfassungsgesetzes ist. Hier kommt es immer wieder zu Missverständnissen, weil im Unternehmen Titel wie Direktor, Senior Vice President, Bereichsleiter, Abteilungsleiter etc verwendet werden, diese Titel aber nichts über die Qualifikation als leitender Angestellter aussagen. Zusätzlich verwirrend ist, dass der Begriff des leitenden Angestellten in mehreren Gesetzen (z.B. auch im Arbeitszeitgesetz) vorkommt, es zur Beurteilung des Kündigungsschutzes aber alleine auf die Definition des Arbeitsverfassungsgesetzes ankommt.
Nach der gesetzlichen Definition sind leitende Angestellte Personen, denen ein maßgebender Einfluss auf die Führung des Betriebes zusteht. Damit ist ein großer Interpretationsspielraum eröffnet und der Begriff Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen. Nach der Rechtsprechung kommt es dabei wesentlich auf die selbständige Entscheidungsbefugnis in Personalfragen an, insbesondere auf den Einfluss beim Eingehen und Auflösen von Arbeitsverhältnissen. Ob einem Manager Prokura oder Handlungsvollmacht gewährt wurde, wie bei Managern der ersten Berichtsebene üblich, spielt keine Rolle. Dass die Entscheidungsbefugnis strukturell durch die Personalplanung vorgegeben ist und auch Gehaltsfragen nicht weisungsfrei vom Manager entschieden werden können, hindert die Qualifikation als leitender Angestellter allerdings nicht. Jedoch ist auch nicht jeder Vorgesetzte, der Arbeitszeit einteilt, Mitarbeiter beurteilt und Einfluss in Gehaltsfragen nimmt, schon deshalb leitender Angestellter.
In Konzernen ist die Realität bei der Ausübung von Befugnissen in Personalthemen häufig komplex bis widersprüchlich. Besonders in schwierigen Zeiten bringen sich Vorstände und Geschäftsführer immer wieder in operative Themen ein und bestimmen Personalentscheidungen bis in die unteren Führungsebenen oder verlangen, dass jede externe Stellenbesetzung von ihnen genehmigt wird. Gleichzeitig hat die Geschäftsleitung oft den Anspruch, sich von Mitarbeitern der ersten Berichtsebene nach Gutdünken trennen zu können. Beides geht nicht zusammen. Um dem Vorstand dennoch ein Maximum an Handlungsfreiheit einzuräumen, wird in manchen Konzernen versucht, die Kompetenzen von Managern am Papier möglichst extensiv darzustellen, etwa indem in einer Stellenbeschreibung Befugnisse in Personalfragen erteilt werden, die in der Realität aber nicht existieren. Praktischer „Nebeneffekt“ ist, dass damit auch dem Betriebsrat die Einflussmöglichkeit auf diese Managementebene entzogen wird, weil leitende Angestellte weder in den Anwendungsbereich von Betriebsvereinbarungen fallen noch die Überwachungsrechte des Betriebsrates (etwa Einsicht in Unterlagen zur Lohn- und Gehaltsberechnung) zur Anwendung kommen. Indizwirkung hat daher auch die Frage, ob beim jeweiligen Arbeitnehmer eine Betriebsratsumlage eingehoben wird und ob ein (aktives bzw. passives) Wahlrecht zum Betriebsrat besteht. Ist dies der Fall, spricht dies gegen einen leitenden Angestellten.
Ist der Manager daher mangels selbständiger personeller Entscheidungsbefugnis kein leitender Angestellter, seit längerer Zeit im Unternehmen tätig und über 50 Jahre alt, verbessert dies seine Verhandlungsposition wesentlich. Für das Unternehmen besteht dann ein erhebliches Risiko, dass die Kündigung erfolgreich wegen Sozialwidrigkeit angefochten werden kann und damit die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt wird. Die Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit setzt voraus, dass die Interessen des Arbeitnehmers wesentlich beeinträchtigt sind (vor allem längere Arbeitslosigkeit und deutliche Einkommenseinbußen) und der Betriebsrat der Kündigung nicht zustimmt. Es ist daher sinnvoll, rechtzeitig die Position des Betriebsrates auszuloten. Mitunter ergeben sich auch Gestaltungsmöglichkeiten. So könnte z.B. ein älterer Manager, der eine einvernehmliche Lösung anstrebt, vorausschauend auf eine Expertenposition ohne Personalverantwortung wechseln, um dann unter dem allgemeinen Kündigungsschutz sein Exit-Paket zu verhandeln. Abschließend sei angemerkt, dass sich auch ein individueller Kündigungsschutz wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes, aus den Kündigungsschutzbestimmungen des AVRAG (z.B. Kündigung wegen beabsichtigter Bildungskarenz) oder des Hinweisgeberschutzgesetzes (Kündigung als Folge einer Whistle-Blower Meldung) ergeben kann. In diesen Fällen ist der Schutz unabhängig davon, ob der Manager leitender Angestellter ist, daher sind beispielsweise auch angestellte GmbH Geschäftsführer geschützt.